Op dem Maat.

Den vergangenen Samstag habe ich dazu genutzt, noch einmal einen tieferen Einblick in den Alltag meiner Gastoma zu erhalten und habe sie auf den Markt begleitet, wo sie zwei Tage in der Woche Api con Pastel (Api: ein warmes Maisgetränk, Pastel: ein hauchdünne Teigtasche mit Käsefüllung) verkauft. Ich habe schon öfter am Nachmittag oder Abend nach der Arbeit bei der Vorbereitung der Pasteles geholfen und habe auch schon so zweimal auf dem Markt vorbei geschaut und dort gefrühstückt, aber diesmal wollte ich einmal den ganzen Ablauf von vorne bis hinten kennenlernen.
So ging also am Samstag bereits um vier Uhr morgens der Wecker, schließlich musste ich zuerst ausprobieren, wie viele Jacken ich in welcher Reihenfolge übereinander ziehen kann, um nicht zu erfrieren und eine weitere halbe Stunde ging für das Zusammenpacken der ganzen Utensilien und Pasteles drauf.
Um fünf ging es dann im vollgepackten Minibus bis zur Ceja (Ich war sehr beeindruckt, wie viele Menschen doch um diese Uhrzeit schon auf den Beinen waren.) und von dort runter nach La Paz auf den Markt. Dort angekommen mussten dann sämtliche Bänke, Töpfe, Gasflaschen, Teller, Gläser, etc. aus dem Lager nach draußen auf die Straße gebracht werden, wo dann der Stand aufgebaut wurde. Zum Glück mussten wir aber nicht alles alleine schleppen, da meine Oma schon seit Jahren dort verkauft hat sie natürlich auch viele Kontakte. So gibt es zum Beispiel einen Herrn, der ihr jeden Morgen zur selben Uhrzeit die Tür aufschließt oder einen, der jeden Morgen mit seiner Sackkarre die schweren Kanister und Bänke vom Lager direkt bis auf die Straße fährt. Da ich wenig Ahnung hatte, wo ich nun was hinstellen oder aufbauen sollte, war ich leider auf entsprechende Anweisungen angewiesen, so hatte ich aber auch etwas Zeit, den restlichen Markt zu beobachten. Da wurden Blumen zum Verkauf angeschnitten, Klamotten sortiert, ganze Schweine herumgetragen und Innereien kistenweise in die Markthalle gefahren. Und das um sechs Uhr morgens.
Gegen sieben sind dann auch meine Gasttante und ihr Freund zu uns gestoßen und da es langsam hell wurde, kam auch schon die erste Kundschaft. Ich war erstaunt, wie viele Stammkunden meine Gastoma doch hat. Und eben diese waren teilweise mindestens ebenso erstaunter, als ihnen plötzlich eine blonde Person ihren Api brachte. 
Den Vormittag habe ich also mit Bedienen und Spülen verbracht und konnte natürlich auch nicht wiederstehen, das ein oder andere Mal selbst zu probieren. Gegen zehn wurde es allerdings langsam wieder leerer und es gab weniger zu tun. Um zwölf wurde ich dann nach Hause geschickt, da es absolut nicht mehr genug Arbeit für vier Personen gab und so habe ich mich dann gezwungener Maßen auf den Weg nach El Alto gemacht.
Ich fand es super schön, endlich mal von vorne bis hinten mitzubekommen, was es bedeutet, auf dem Markt Api und Pastel zu verkaufen. Spaziert man so über den Markt hat man ja meistens nicht die leiseste Ahnung, welche Arbeit damit verbunden ist, dass man sich kurz fünf Minuten setzt, um einen frischen Pastel zu verspeisen. Es hat mir wirklich Spaß gemacht zu helfen und zu verkaufen, doch mein Traumberuf wird es wohl trotzdem nicht werden. Täglich morgens um vier aufzustehen, in der Kälte den Stand aufzubauen und manchmal bis vier Uhr nachmittags Töpfe zu spülen kann echte Knochenarbeit sein. Umso mehr Bewunderung kann ich jetzt für meine Gastoma aufbringen, die sich auch mit fast 70 Jahren nicht davon abbringen lässt, zwei Mal die Woche zu nachtschlafender Zeit auf den Markt zu fahren!

Dies ist mein letzter Bolgeintrag hier aus Bolivien, da es nächste Woche für mich schon wieder Richtung Deutschland geht.
Vielen Dank an alle, die meine Einträge so fleißig verfolgt haben. :)

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Kommentare: 1
  • #1

    Oma (Freitag, 17 Juli 2015 13:30)

    Ich finde es toll, das Du die Gastoma begleitet hast und so einen Einblick
    in ihre Arbeit bekommen hast, es ist schön das Du ein so gutes Verhältnis
    mit deiner Gastfamilie aufgebaut hast und so viele Eindrücke mit nach Hause
    bringen kannst.Danke auch an die Gastfamilie.Viel Glück!!!